Bundesweit wird intensiv das zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union geplante Freihandelsabkommen ›Transatlantic Trade and Investment Partnership‹, kurz: TTIP, diskutiert. Während Befürworter den Abbau der »nicht-tarifären Handelshemmnisse« und die Vereinheitlichung von Standards beiderseits des Atlantiks begrüßen, bemängeln Kritiker unter anderem, dass Schiedsgerichte außerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit im Geheimen entscheiden können sollen, sobald ein Investor gegen einen Staat klagt. Obgleich TTIP die Lebensbedingungen der Menschen grundlegend verändern kann, üben sich die Bundestagsabgeordneten bislang bei Stellungnahmen in vornehmer Zurückhaltung.
Die Piratenpartei Deutschland führt deshalb in der laufenden Woche bundesweit die Kampagne ›Frag Deinen MdB zu TTIP‹ durch: Den Bundestagsabgeordneten werden zu den bislang öffentlich gewordenen Punkten bei TTIP in einem offenen Brief schriftlich sechs Fragen gestellt und gebeten, hierzu Stellung zu nehmen. Sie werden teils aus ihren Wahlkreisen heraus von PIRATEN persönlich zu ihrer Position befragt, teils von den Landesverbänden: Die Fragen beziehen sich auf die regulatorische Kooperation, den transatlantischen Handel und Datenschutz, das Vorsorgeprinzip, die einheitlichen Standards, Immaterialgüter* sowie den Investorenschutz und das Freihandelsabkommen ›Comprehensive Economic and Trade Agreement‹, kurz: CETA. Da die Antworten nicht nur PIRATEN, sondern auch die Wählerinnen und Wähler in den jeweiligen Wahlkreisen interessieren dürften, werden sie anschließend den Medien zugänglich gemacht.
Zur Bundeskampagne der Piratenpartei Deutschland erklärt der Themenbeauftragte der Bundespartei für TTIP und Vorsitzende der Piratenpartei Berlin, Bruno Gert Kramm:
»Fast einhellig ist die Ablehnung ausgefallen, die sich aus der EU-weiten Umfrage der Bevölkerung ergab. Anstatt aber diesem Votum zu folgen und den Demokratietrojaner zu stoppen, verkaufen die Regierungen innerhalb der EU weiterhin TTIP als das Allheilmittel für Wirtschaft und Gesellschaft. Bisher hat sich nur die griechische Regierung fundamental gegen TTIP ausgesprochen, während die Mitglieder des deutschen Kabinetts weiterhin in ›Nibelungentreue‹ zu ihrem Schwur auf das Freihandelsabkommen stehen. So ist es an der Zeit, die Volksvertreter im Bundestag mit bohrenden Fragen zu konfrontieren. Die Piratenpartei stellt ihnen daher exemplarisch sechs Fragen. Dieser ›Weckruf‹ an das Verantwortungsbewusstsein der Mandatsträger gegenüber ihren Wählern soll ein weiteres Mal unsere Forderung verdeutlichen: Kein TTIP, CETA und TiSA ohne umfassende Transparenz, Bürgerbeteiligung und grundlegenden Schutz von Verbrauchern und der Demokratie.«
Die Fragen an die Abgeordneten
1. Regulatorische Kooperation
Die regulatorische Kooperation im Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA ermöglicht es Lobbyisten, geplante regionale Regulierungen und Gesetzesinitiativen im Voraus zu prüfen und gegebenenfalls neu zu formulieren. Sollte das Abkommen zum Abschluss
kommen: Wie wollen sie diese Fußfessel für die Legislative und Entmündigung demokratisch gewählter Mandatsträger rechtfertigen?
2. Transatlantischer Handel und Datenschutz
Wie kann ein Freihandelsabkommen im “NSA-Zeitalter” ohne umfassenden Datenschutz die Freiheit des Handels vor Ausspähung und den Schutz der Privatsphäre und der persönlichen Daten der Verbraucher garantieren?
3. Vorsorgeprinzip
Als einen Grundsatz ihrer Politik hat die EU das Vorsorgeprinzip verankert. Dieses besagt, dass Belastungen für die Umwelt oder Schäden für die menschliche Gesundheit (bei unvollständiger Wissensbasis) im Voraus vermieden oder weitgehend verringert werden sollen. Immer wieder sind Politiker dem Druck der den Agrarmarkt beherrschenden Konzerne ausgesetzt, man möge dieses Prinzip aufgeben, da Chancen für eine konkurrenzfähige Landwirtschaft vertan würden (z.B. Zulassung GMO, Hormone in der Tiermast). Dass jedoch bei Missachtung des Vorsorgeprinzips der volkswirtschaftliche Schaden gegenüber den privatwirtschaftlichen Gewinnen ins Unermessliche steigen kann, stellte die Europäische Umweltagentur schon 2004 fest und beschreibt dies in zahlreichen Beispielen. Wie werden Sie sicherstellen, dass das Vorsorgeprinzip im Rahmen des Freihandelsabkommens aufrecht erhalten bleibt? Wenn Sie keine Einflussmöglichkeiten sehen, werden Sie dann gegen das Abkommen stimmen?
4. Einheitliche Standards
TTIP verspricht die Vereinheitlichung oder gegenseitige Anerkennung von Standards. In den USA liegt die Kompetenz für Definition und Überwachung von Standards aber in den meisten Fällen im privatrechtlichen Bereich oder bei den Bundesstaaten. Die US-Bundesregierung hat also keinen direkten Einfluss darauf. Wie wollen Sie sicherstellen, dass es im Zuge von TTIP keine einseitige Anerkennung von US-Standards in der EU ohne entsprechende Anerkennung der EU-Standards in den USA gibt?
5. Immaterialgüter
Ein Ziel von TTIP ist für Immaterialgüter im Zielland den gleichen Schutz zu garantieren wie im Ursprungsland. Was halten Sie davon, dass damit Trivialpatente aus den USA in der EU durchsetzbar werden?
6. Investorenschutz und CETA
In dem jetzt vorliegenden Vertragstext des Freihandelsabkommens CETA der EU mit Kanada ist ein Investorenschutz durch nicht staatliche Schiedsgerichte vorgesehen, deren Entscheidungen für die Vertragsstaaten bindend sind. Kanada und die Mitgliedsstaaten der EU sind Rechtsstaaten. Halten Sie eine zusätzliche übergeordnete private Schiedsgerichtsbarkeit im CETA-Abkommen zur Durchsetzung unternehmerischer Interessen für erforderlich? Würden Sie bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag dem CETA-Vertrag zustimmen?
Dieser Text ist zuerst veröffentlicht worden unter https://www.piratenpartei.de/2015/02/05/demokratietrojaner-stoppen-piraten-stellen-bundestagsabgeordneten-sechs-fragen-zu-ttip/
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Bundesweit wird intensiv das zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union geplante Freihandelsabkommen ›Transatlantic Trade and Investment Partnership‹, kurz: TTIP, diskutiert. Während Befürworter den Abbau der »nicht-tarifären Handelshemmnisse« und die Vereinheitlichung von Standards beiderseits des Atlantiks begrüßen, bemängeln Kritiker unter anderem, dass Schiedsgerichte außerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit im Geheimen entscheiden können sollen, sobald ein Investor gegen einen Staat klagt. Obgleich TTIP die Lebensbedingungen der Menschen grundlegend verändern kann, üben sich die Bundestagsabgeordneten bislang bei Stellungnahmen in vornehmer Zurückhaltung.
Die Piratenpartei Deutschland führt deshalb in der laufenden Woche bundesweit die Kampagne ›Frag Deinen MdB zu TTIP‹ durch: Den Bundestagsabgeordneten werden zu den bislang öffentlich gewordenen Punkten bei TTIP in einem offenen Brief schriftlich sechs Fragen gestellt und gebeten, hierzu Stellung zu nehmen. Sie werden teils aus ihren Wahlkreisen heraus von PIRATEN persönlich zu ihrer Position befragt, teils von den Landesverbänden: Die Fragen beziehen sich auf die regulatorische Kooperation, den transatlantischen Handel und Datenschutz, das Vorsorgeprinzip, die einheitlichen Standards, Immaterialgüter* sowie den Investorenschutz und das Freihandelsabkommen ›Comprehensive Economic and Trade Agreement‹, kurz: CETA. Da die Antworten nicht nur PIRATEN, sondern auch die Wählerinnen und Wähler in den jeweiligen Wahlkreisen interessieren dürften, werden sie anschließend den Medien zugänglich gemacht.
Zur Bundeskampagne der Piratenpartei Deutschland erklärt der Themenbeauftragte der Bundespartei für TTIP und Vorsitzende der Piratenpartei Berlin, Bruno Gert Kramm:
Die Fragen an die Abgeordneten
1. Regulatorische Kooperation
Die regulatorische Kooperation im Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA ermöglicht es Lobbyisten, geplante regionale Regulierungen und Gesetzesinitiativen im Voraus zu prüfen und gegebenenfalls neu zu formulieren. Sollte das Abkommen zum Abschluss
kommen: Wie wollen sie diese Fußfessel für die Legislative und Entmündigung demokratisch gewählter Mandatsträger rechtfertigen?
2. Transatlantischer Handel und Datenschutz
Wie kann ein Freihandelsabkommen im “NSA-Zeitalter” ohne umfassenden Datenschutz die Freiheit des Handels vor Ausspähung und den Schutz der Privatsphäre und der persönlichen Daten der Verbraucher garantieren?
3. Vorsorgeprinzip
Als einen Grundsatz ihrer Politik hat die EU das Vorsorgeprinzip verankert. Dieses besagt, dass Belastungen für die Umwelt oder Schäden für die menschliche Gesundheit (bei unvollständiger Wissensbasis) im Voraus vermieden oder weitgehend verringert werden sollen. Immer wieder sind Politiker dem Druck der den Agrarmarkt beherrschenden Konzerne ausgesetzt, man möge dieses Prinzip aufgeben, da Chancen für eine konkurrenzfähige Landwirtschaft vertan würden (z.B. Zulassung GMO, Hormone in der Tiermast). Dass jedoch bei Missachtung des Vorsorgeprinzips der volkswirtschaftliche Schaden gegenüber den privatwirtschaftlichen Gewinnen ins Unermessliche steigen kann, stellte die Europäische Umweltagentur schon 2004 fest und beschreibt dies in zahlreichen Beispielen. Wie werden Sie sicherstellen, dass das Vorsorgeprinzip im Rahmen des Freihandelsabkommens aufrecht erhalten bleibt? Wenn Sie keine Einflussmöglichkeiten sehen, werden Sie dann gegen das Abkommen stimmen?
4. Einheitliche Standards
TTIP verspricht die Vereinheitlichung oder gegenseitige Anerkennung von Standards. In den USA liegt die Kompetenz für Definition und Überwachung von Standards aber in den meisten Fällen im privatrechtlichen Bereich oder bei den Bundesstaaten. Die US-Bundesregierung hat also keinen direkten Einfluss darauf. Wie wollen Sie sicherstellen, dass es im Zuge von TTIP keine einseitige Anerkennung von US-Standards in der EU ohne entsprechende Anerkennung der EU-Standards in den USA gibt?
5. Immaterialgüter
Ein Ziel von TTIP ist für Immaterialgüter im Zielland den gleichen Schutz zu garantieren wie im Ursprungsland. Was halten Sie davon, dass damit Trivialpatente aus den USA in der EU durchsetzbar werden?
6. Investorenschutz und CETA
In dem jetzt vorliegenden Vertragstext des Freihandelsabkommens CETA der EU mit Kanada ist ein Investorenschutz durch nicht staatliche Schiedsgerichte vorgesehen, deren Entscheidungen für die Vertragsstaaten bindend sind. Kanada und die Mitgliedsstaaten der EU sind Rechtsstaaten. Halten Sie eine zusätzliche übergeordnete private Schiedsgerichtsbarkeit im CETA-Abkommen zur Durchsetzung unternehmerischer Interessen für erforderlich? Würden Sie bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag dem CETA-Vertrag zustimmen?
Dieser Text ist zuerst veröffentlicht worden unter https://www.piratenpartei.de/2015/02/05/demokratietrojaner-stoppen-piraten-stellen-bundestagsabgeordneten-sechs-fragen-zu-ttip/
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