Aktuelles Pressemitteilung

Selbstbestimmung auch im Sexgewerbe

Person mit rotem Regenschirm in der Öffentlichkeit

Seit 2003 wird am 17.12. der “Internationale Tag gegen Gewalt an SexarbeiterInnen” begangen. An diesem Tag wird auf die Ursachen von Gefahren und physischer Gewalt gegen Sexworker hingewiesen und mögliche Lösungsansätze für ein menschenwürdiges und sicheres Leben für alle in der Sexarbeit tätigen Menschen diskutiert. Einer der wichtigsten Punkte ist hierbei ein Ende der Diskriminierung und der gesellschaftlichen Marginalisierung sowie Stigmatisierung. [1] Die Piratenpartei schließt sich dieser Forderung an. [2]

“In diesem Jahr fällt der Tag in eine Zeit, in der allen Ernstes alle Parteien im Bundestag an Gesprächen über eine Strafbarkeit des Kaufs von sexuellen Dienstleistungen teilnehmen. [3] Dass damit das Selbstbestimmungsrecht der in diesem Gewerbe freiwillig Tätigen quasi abgeschafft würde, scheint wenig zu interessieren, wo es doch einer Stärkung bedürfte, um Zwangslagen zu vermeiden. Die Piratenpartei setzt auch hier auf das Konzept der sexuellen Selbstbestimmung. Die Entscheidung für oder gegen Prostitution soll jeder Mensch individuell und nur für sich selbst treffen”, kritisiert Adam Wolf, Politischer Geschäftsführer der Piraten Niedersachsen, die parlamentarischen Überlegungen. “Wenn die Politik der Ansicht ist, dass Sexworker besser geschützt werden sollen, dann muss sie diesen Schutz gemeinsam mit den in der Sexarbeit tätigen Menschen konzipieren und nicht gegen deren einhelligen Protest. [4] Das gilt nicht nur für das so genannte Prostituiertenschutzgesetz [5], sondern auch für alle Überlegungen in Richtung des unter dem Namen „nordisches Modell“ firmierenden Sexkaufverbots, wie es in Schweden eingeführt wurde. [6] Damit würde in der Folge ein ganzer Berufszweig einem faktischen Berufsverbot unterworfen. Das erinnert an die fehlgeschlagene Prohibitionspolitik im Drogenbereich, Es verunmöglicht vor allem eine sichere und selbstorganisierte Berufsausübung. Illegale Strukturen werden gestärkt. [7] Sexworker sehen sich gezwungen, alleine und isoliert zu arbeiten, dürfen beispielsweise keine gemeinsamen Wohnungen etc. mehr betreiben und werden zwangsläufig in die Illegalität verlagert. [8] Der Zugang zu unvoreingenommenen Beratungsstellen, zu ärztlicher Vorsorge sowie sicheren sexuellen Praktiken wird erschwert. [9]

Ganz außer Acht gelassen wird, dass es Bevölkerungsgruppen gibt, die kaum eine Chance haben, anderweitig sexuelle Bedürfnisse im gegenseitigen Einverständnis befriedigt bekommen zu können [10]. Gerade in diesem Bereich gibt es Dienstleistungen, die unter den Begriff der Prostitution fallen, obwohl sie mit der klassischen Prostitution überhaupt nichts zu tun haben. Sexualbegleitung, Darstellende in Pornos, Callboys und -girls, Tantra-Massage, all das ist Bestandteil der Sexarbeit.”

Hinsichtlich eines Sexkaufverbots wird argumentiert, dass sich das Angebot aus ökonomischen Notlagen ergibt und es somit keine Selbstbestimmung sei, dieses Angebot zu machen.

“Das ist nun wirklich keine nur die Sexbranche betreffende Erkenntnis. Eine Entscheidung für oder gegen jegliche Form der Arbeit ist immer nur so freiwillig, wie die ökonomische Situation auch Alternativen zulässt” sagt Thomas Ganskow, Vorsitzender der Piraten Niedersachsen. “Will man Menschen, die aus rein wirtschaftlichen Notsituationen heraus diese Tätigkeit ausüben und sich dabei in ihrer Selbstbestimmung verletzt sehen, wirklich helfen, muss man ihnen eine ökonomische Alternative bieten. Und da es illusorisch ist, dass für jeden Menschen problemlos sofort eine andere, bezahlte Tätigkeit gefunden werden kann, ist hier ein existenzsicherndes Bedingungsloses Grundeinkommen die Lösung. Denn wer dies erhält, kann wirklich frei entscheiden, welcher Beschäftigung nachgegangen werden soll. Das gilt nicht nur für die Sexarbeit, sondern für alle Tätigkeiten.”

Quellen:

[1] https://berufsverband-sexarbeit.de/index.php/2013/12/16/17-dezember-internationaler-tag-gegen-gewalt-gegen-sexarbeiter_innen/
[2] https://wiki.piratenpartei.de/Bundestagswahl_2017/Wahlprogramm#St.C3.A4rkung_der_Rechte_Prostituierter
[3] http://bit.ly/2LH7SVU taz, Nordisches Modell
[4] https://berufsverband-sexarbeit.de/index.php/2019/09/11/stellungnahme-zu-sexkaufverbot-vorschlag-in-deutschland-freierbestrafung-gefaehrdet-die-sicherheit-von-tausenden-sexarbeiterinnen/
[5] https://www.welt.de/politik/article188939849/Sexarbeit-in-Deutschland-Prostitutionsgesetze-wirken-so-gut-wie-gar-nicht.html
[6] https://menschenhandelheute.net/2014/07/01/prostitution-und-menschenhandel-1-die-wahrheit-uber-das-nordische-und-schwedische-modell/
[7] https://www.nw.de/nachrichten/zwischen_weser_und_rhein/22454597_Nach-Schutzgesetz-Immer-mehr-Prostituierte-arbeiten-illegal.html
[8] https://newsburger.de/prostitution-lambrecht-gegen-nordisches-modell-116834.html
[9] https://www.aidshilfe.de/meldung/fachwelt-warnt-sexkaufverbot
[10] https://kobinet-nachrichten.org/2019/10/15/prostitution-wohin/

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1 Kommentar zu “Selbstbestimmung auch im Sexgewerbe

  1. Joachim Kaden

    Weiter oben ist zu lesen:
    „Wenn die Politik der Ansicht ist, dass Sexworker besser geschützt werden sollen, dann muss sie diesen Schutz gemeinsam mit den in der Sexarbeit tätigen Menschen konzipieren und nicht gegen deren einhelligen Protest.”

    Hoffentlich setzt sich diese Ansicht auch bei anderen Parteien durch. ich habe da aber so meine Zweifel denn: Das All und die menschliche Dummheit sind unendlich, beim All bin ich mir da aber noch nicht sicher, sagte einst Albert Einstein.

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