Während sich in Hildesheim die ARD und der NDR bei uns in der Geschäftsstelle zur Digitalen Selbstverteidigung tummelten, war ich in Potsdam, bei der jährlichen Konferenz der AG Außen- und Sicherheitspolitik und der AG Entwicklungspolitik. Ziel der Konferenz war es, unser außenpolitisches Programm im Rahmen einer Kandidatenschulung aufzubereiten, aber auch, uns mit dem Thema Interventionspolitik durch Vorträge, Diskussionen und Panels auseinanderzusetzen.
Dieses Thema ist sehr wichtig für unsere zukünftigen Abgeordneten. Immerhin haben sich damals die GRÜNEN fast darüber zerlegt. Die Legitimität einer militärischen Intervention ist eine schwierige Frage, die verständlicherweise schon lange innerhalb der PIRATEN diskutiert wird. Schließlich stimmten wir am letzten Bundesparteitag dafür folgenden Programmpunkt (alle folgenden Zitate, soweit nicht ausdrücklich gekennzeichnet entstammen dem Programm zur Bundestagswahl der Piratenpartei Deutschland) anzunehmen:
Unsere Sicherheitspolitik muss eine langfristige Präventionspolitik sein, die auf Vermittlung und Deeskalation setzt. Wir bleiben einer Kultur der politischen Zurückhaltung mit militärischen Mitteln verpflichtet. Das Primat der Politik bedingt, dass der Einsatz militärischer Mittel immer nur eine letzte Option sein kann.
Soweit so gut. Wenn der Ernstfall jedoch eintritt, und wir als gewählte Mitglieder des Bundestags über militärische Interventionen entscheiden müssen, gibt es viele Faktoren, die diese Entscheidung erschweren. Die Konferenz diente dazu, uns diese Komplexität zu vermitteln und verschiedene Auslegungen, bzw. Auswirkungen unseres Beschlusses zu erörtern.
Das Interventionen nicht mal eben so beschlossen werden, wurde gleich zu Beginn in einem Vortrag über „Völkerrechtliche Aspekte von Auslandseinsätzen“ gehalten von Dr. Robert Frau (Europa-Universität Viadrina; Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Völkerrecht) deutlich. Da die Vereinten Nationen im Sicherheitsrat über militärische Interventionen entscheiden (und hier das Veto jedes einzelnen Staates zählt und oft genutzt wird) ist die von der Generalversammlung 2005 angenommene These des „Responsibility to Protect“ (kurz R2P) völkerrechtlich nicht relevant , bzw. dient mehr als ein politisches Druckmittel derer, die nicht im Sicherheitsrat vertreten sind.
Um es deutlich zu sagen: Wir können nicht erwarten, dass die Vereinten Nationen, in ihrer jetzigen Organisation in der Lage sind, objektive Risikoeinschätzungen oder Empfehlungen für militärische Interventionen zu geben. Darum sehen wir hier auch dringenden Reformbedarf, obwohl wir den Vereinten Nationen eine sehr hohen Stellenwert einräumen :
Die Vereinten Nationen sehen wir als wichtigste Institution für die friedliche Verständigung zwischen den Staaten der Erde an. Um dieser Aufgabe zukünftig gerecht zu werden, sind jedoch innere Reformen und demokratischere Strukturen nötig. Dazu gehört eine angemessene Beteiligung aller Kontinente am Sicherheitsrat und eine größere globale Verantwortung besonders für die Schwellenländer.
Eine weitere Schwierigkeit in der Debatte um mögliche Kriterien für oder wider eine militärischen Intervention war der Fokus des Vortrags „Einführung in die deutsche Außenpolitik seit 1990“ von Dr. Markus Kaim (Stiftung Wissenschaft und Politik – SWP). Durch den Kalten Krieg und die starken Beziehungen zu den USA (sowohl durch die NATO, als auch, wie wir ja jetzt erfahren durch den BND und andere Abkommen), als auch aufgrund der starken Einbindung in die Europäische Union hat Deutschland de facto keine klar definierten Außenpolitischen Zielsetzungen. Selbstverständlich hat Deutschland außenpolitische Interessen, hauptsächlich im wirtschaftlichen Bereich. Über die redet man aber nicht wirklich. Was hier zu bemängeln ist, gerade im Hinblick auf Szenarien, in denen die Option eine militärischen Intervention auf den Tisch kommt, ist, dass es für Parlamentarier, aber auch für die Bürger keinerlei Orientierung gibt, was Deutschland wo erreichen möchte.
Das wollen wir grundlegend ändern:
Dabei setzen wir auch in der Außenpolitik auf mehr Transparenz und wollen erreichen, dass die außenpolitischen Ziele der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union offen zugänglich protokolliert werden.
Dieser Bedarf nach mehr Transparenz wurde ebenfalls in Angelika Beers Vortrag vom Vortag angesprochen. Im Rahmen der Intervention in Mazedonien/Kosovo Ende der 90er, wurde deutlich wie dürftig der Informationsfluss zwischen der deutschen Politik und den Kräften vor Ort, sowohl militärisch als auch im Bereich Entwicklungszusammenarbeit tatsächlich ist. Diese Prozesse zu verbessern, ist eine Aufgabe der wir uns im Bundestag konstruktiv widmen können.
Am Ende bleiben mehrere Fragen/Aufgabenstellungen:
- Kann es uns, als Fraktion im Bundestag gelingen einen Kriterienkatalog festzuzurren, an dem wir uns orientieren können, wenn wir über eine militärische Intervention entscheiden müssen?
- Auf welchen Kriterien kann dieser basieren, wenn man überlegt, dass die immer komplexer werdende Natur der Konflikte (siehe Syrien) bereits dazu führt, dass die Vereinten Nationen sich nicht einigen können wen man dort überhaupt unterstützen könnte?
- Wenn das Kind dann in den Brunnen gefallen ist, was für konkrete Anträge können wir stellen, damit sich, Ablauf, Informationsfluss und Auswertung einer militärischen Intervention verbessern?
Eine grundlegende Anmerkung meinerseits:
Die Rolle der Staaten bei der Interventionsfrage ist sehr problematisch, da sich das gesamte Völkerrecht ausschließlich auf Staaten bezieht. Immer öfter jedoch sehen wir, dass Konflikte eine ganze Region erfassen und dieser rechtliche Fokus Hilfe, im schlimmsten Fall, erschwert, besonders wenn es um Vertreibung, Umsiedlung und Deportation geht. Unsere Außenpolitik basiert auf Menschenrechten, explizit nicht nur auf nationaler Ebene:
„Leitmotiv des globalen Handelns der Piratenpartei ist das Engagement für Menschenrechte und eine gerechte Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung…Wir setzen uns für eine globale Sicherheitspolitik ein, welche nicht nur die Symptome von Konflikten aufgreift, sondern deren Ursachen angehen möchte.“
Hierfür muss eine Stärkung und Neufokussierung der deutschen und europäischen Entwicklungspolitik erfolgen. Unmittelbar, muss die Zusammenarbeit zwischen Entwicklungspolitischen Akteuren vor Ort, der parlamentarischen Politik, und den Menschen im jeweiligen Partnerland erfolgen. Wie The Hindu gestern über uns schrieb:
The critics are right… if modern technology did not exist, then the Pirates would not—but this should not be a slur or a deterrent. Au contraire, it can only be seen as an opportunity, an opportunity to take this mandate and explore the next frontier. It is perhaps, the only organisation at the moment that has the potential to be a global force – bringing about the same change simultaneously across various countries. The question, therefore, then becomes not whether should India have a Pirate Party and contribute towards finding a solution – but whether every nation must have one and press towards a logical end as global citizens. No country can succeed in this fight alone—if the surveillance state is a global organism, we too must go global.
Wir müssen uns zutrauen, konventionelle staatenbezogene Außenpolitik in Frage zu stellen. Denn wir sind die einzige Partei die über Staatsgrenzen hinweg so gut mit den Bürgern vernetzt ist, dass wir die alten Strukturen in Frage stellen können.
Dies ist ein Blogbeitrag von Felicitas Steinhoff, sie kandidiert für den Bundestag auf der Landesliste Niedersachsen Platz 5 und als Direktkandidatin im Wahlkreis 48 (Landkreis Hildesheim): Hier geht es zum Blog
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Während sich in Hildesheim die ARD und der NDR bei uns in der Geschäftsstelle zur Digitalen Selbstverteidigung tummelten, war ich in Potsdam, bei der jährlichen Konferenz der AG Außen- und Sicherheitspolitik und der AG Entwicklungspolitik. Ziel der Konferenz war es, unser außenpolitisches Programm im Rahmen einer Kandidatenschulung aufzubereiten, aber auch, uns mit dem Thema Interventionspolitik durch Vorträge, Diskussionen und Panels auseinanderzusetzen.
Dieses Thema ist sehr wichtig für unsere zukünftigen Abgeordneten. Immerhin haben sich damals die GRÜNEN fast darüber zerlegt. Die Legitimität einer militärischen Intervention ist eine schwierige Frage, die verständlicherweise schon lange innerhalb der PIRATEN diskutiert wird. Schließlich stimmten wir am letzten Bundesparteitag dafür folgenden Programmpunkt (alle folgenden Zitate, soweit nicht ausdrücklich gekennzeichnet entstammen dem Programm zur Bundestagswahl der Piratenpartei Deutschland) anzunehmen:
Soweit so gut. Wenn der Ernstfall jedoch eintritt, und wir als gewählte Mitglieder des Bundestags über militärische Interventionen entscheiden müssen, gibt es viele Faktoren, die diese Entscheidung erschweren. Die Konferenz diente dazu, uns diese Komplexität zu vermitteln und verschiedene Auslegungen, bzw. Auswirkungen unseres Beschlusses zu erörtern.
Das Interventionen nicht mal eben so beschlossen werden, wurde gleich zu Beginn in einem Vortrag über „Völkerrechtliche Aspekte von Auslandseinsätzen“ gehalten von Dr. Robert Frau (Europa-Universität Viadrina; Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Völkerrecht) deutlich. Da die Vereinten Nationen im Sicherheitsrat über militärische Interventionen entscheiden (und hier das Veto jedes einzelnen Staates zählt und oft genutzt wird) ist die von der Generalversammlung 2005 angenommene These des „Responsibility to Protect“ (kurz R2P) völkerrechtlich nicht relevant , bzw. dient mehr als ein politisches Druckmittel derer, die nicht im Sicherheitsrat vertreten sind.
Um es deutlich zu sagen: Wir können nicht erwarten, dass die Vereinten Nationen, in ihrer jetzigen Organisation in der Lage sind, objektive Risikoeinschätzungen oder Empfehlungen für militärische Interventionen zu geben. Darum sehen wir hier auch dringenden Reformbedarf, obwohl wir den Vereinten Nationen eine sehr hohen Stellenwert einräumen :
Eine weitere Schwierigkeit in der Debatte um mögliche Kriterien für oder wider eine militärischen Intervention war der Fokus des Vortrags „Einführung in die deutsche Außenpolitik seit 1990“ von Dr. Markus Kaim (Stiftung Wissenschaft und Politik – SWP). Durch den Kalten Krieg und die starken Beziehungen zu den USA (sowohl durch die NATO, als auch, wie wir ja jetzt erfahren durch den BND und andere Abkommen), als auch aufgrund der starken Einbindung in die Europäische Union hat Deutschland de facto keine klar definierten Außenpolitischen Zielsetzungen. Selbstverständlich hat Deutschland außenpolitische Interessen, hauptsächlich im wirtschaftlichen Bereich. Über die redet man aber nicht wirklich. Was hier zu bemängeln ist, gerade im Hinblick auf Szenarien, in denen die Option eine militärischen Intervention auf den Tisch kommt, ist, dass es für Parlamentarier, aber auch für die Bürger keinerlei Orientierung gibt, was Deutschland wo erreichen möchte.
Das wollen wir grundlegend ändern:
Dieser Bedarf nach mehr Transparenz wurde ebenfalls in Angelika Beers Vortrag vom Vortag angesprochen. Im Rahmen der Intervention in Mazedonien/Kosovo Ende der 90er, wurde deutlich wie dürftig der Informationsfluss zwischen der deutschen Politik und den Kräften vor Ort, sowohl militärisch als auch im Bereich Entwicklungszusammenarbeit tatsächlich ist. Diese Prozesse zu verbessern, ist eine Aufgabe der wir uns im Bundestag konstruktiv widmen können.
Am Ende bleiben mehrere Fragen/Aufgabenstellungen:
Eine grundlegende Anmerkung meinerseits:
Die Rolle der Staaten bei der Interventionsfrage ist sehr problematisch, da sich das gesamte Völkerrecht ausschließlich auf Staaten bezieht. Immer öfter jedoch sehen wir, dass Konflikte eine ganze Region erfassen und dieser rechtliche Fokus Hilfe, im schlimmsten Fall, erschwert, besonders wenn es um Vertreibung, Umsiedlung und Deportation geht. Unsere Außenpolitik basiert auf Menschenrechten, explizit nicht nur auf nationaler Ebene:
Hierfür muss eine Stärkung und Neufokussierung der deutschen und europäischen Entwicklungspolitik erfolgen. Unmittelbar, muss die Zusammenarbeit zwischen Entwicklungspolitischen Akteuren vor Ort, der parlamentarischen Politik, und den Menschen im jeweiligen Partnerland erfolgen. Wie The Hindu gestern über uns schrieb:
Wir müssen uns zutrauen, konventionelle staatenbezogene Außenpolitik in Frage zu stellen. Denn wir sind die einzige Partei die über Staatsgrenzen hinweg so gut mit den Bürgern vernetzt ist, dass wir die alten Strukturen in Frage stellen können.
Dies ist ein Blogbeitrag von Felicitas Steinhoff, sie kandidiert für den Bundestag auf der Landesliste Niedersachsen Platz 5 und als Direktkandidatin im Wahlkreis 48 (Landkreis Hildesheim): Hier geht es zum Blog
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