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Interpol darf nicht zum Handlanger undemokratischer Interessen werden

Der türkische Präsident Erdogan
Der türkische Präsident Erdogan

Am 24. September. wurde bekannt, dass ein deutsch-türkischer Staatsbürger, Mitarbeiter der Stadtverwaltung Hannover und kurdischer Herkunft, in seinem Urlaub in Italien aufgrund eines durch Interpol verbreiteten Haftbefehls verhaftet wurde, weil dieser aus der Türkei vorliegt [1]. Vorgeworfen wird ihm die Teilnahme an einer Demonstration in der Türkei Mitte der 1990er-Jahre.

Es ist jenseits aller Vorstellungskraft, dass man für die Teilnahme an einer Demonstration Ziel staatlicher Verfolgung werden kann, erst recht, wenn das Ganze über 20 Jahre zurück liegt,” stellt Dennis Deutschkämer, stellvertretender Vorsitzender der Piratenpartei Deutschland, erschüttert fest. “Es gibt mittlerweile Beispiele ähnlicher staatlicher Verfolgung [2] hier in Deutschland und die Verschärfung der Polizeigesetze in nahezu jedem Bundesland lässt befürchten, dass türkische Zustände auch hierzulande bald an der Tagesordnung sein könnten. Allerdings bleiben vor deutschen Gerichten die Chancen auf Gerechtigkeit noch immer gewahrt. [3] Dies ist in der Türkei nur schwerlich vorstellbar, klammert sich dort doch Staatschef Erdogan an jeden Strohhalm, die Zeit auf seiner ablaufenden Uhr anzuhalten. Dass Interpol dabei behilflich ist, untergräbt massiv die Glaubwürdigkeit dieser Organisation. Ohne Sinn und Verstand politisch motivierte Haftbefehle zu vollstrecken, dürfte kaum im Sinne von Interpol liegen.

Es erinnert an dunkelste Zeiten des Kalten Krieges, als geflüchtete Bürger der damaligen DDR hier im Westen von den Schergen der Ost-Geheimdienste verfolgt wurden [4],” resümiert Thomas Ganskow, Landesvositzender der Piratenpartei Niedersachsen, und fährt fort: “Die Bundes- und die Landesregierung Niedersachsens sind gefordert, derartige Vorkommnisse überall auf der Welt zu verurteilen und zu bekämpfen. Es ist ihr Auftrag, dafür Sorge zu tragen, dass niemand, der auf den Schutz des deutschen Staates vertraut, von diesem enttäuscht wird. Es darf nicht einmal der Anschein erweckt werden, dass auf der Grundlage von Abmachungen, die z.B. ProAsyl als menschenverachtend einstuft [5], Menschen der Gewalt eines inhumanen Staates auf Gedeih und Verderb ausgeliefert werden. Die Türkei und insbesondere ihr Präsident müssen in ihre Schranken verwiesen werden. Es bleibt zu hoffen, dass die italienischen Behörden den Irrwitz der Anschuldigung erkennen und keiner Auslieferung zustimmen.

Wir sind mit unseren Gedanken bei dem Beschuldigten, seinen Angehörigen und Freunden. Wir hoffen, dass dieser unglaubliche Vorgang polizeilicher Willkür mit seiner sofortigen Freilassung beendet wird.

Quellen/Fußnoten:
[1] https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Tuerkei-laesst-Hannoveraner-in-Italien-festnehmen,hannover14896.html
[2] https://www.augsburger-allgemeine.de/politik/G20-Randale-Prozess-gegen-fuenf-Maenner-beginnt-mit-Applaus-id52966216.html
[3] https://taz.de/Jahrestag-des-G20-Gipfels-in-Hamburg/!5606059/
[4] https://www.spiegel.de/geschichte/menschenraub-der-stasi-wie-karl-wilhelm-fricke-in-die-ddr-entfuehrt-wurde-a-1130698.html
[5] https://www.proasyl.de/pressemitteilung/tuerkei-fluechtlingsdeal-im-zeichen-der-verbalen-aufruestung-und-hysterie/

Diese gemeinsam mit der Piratenpartei Deutschland erstellte Pressemitteilung wurde erstmalig auf https://www.piratenpartei.de/2019/09/26/interpol-darf-nicht-handlanger-undemokratischer-interessen-werden/ veröfentlicht.

Der Artikel wurde in seiner Einleitung am 27.09. geändert. Diese suggerierte, dass die Verhaftung durch Interpol stattfand. Interpol hatte jedoch “nur” den Haftbefehl aus der Türkei verbreitet. Das ändert nichts an der grundsätzlichen Kritik.

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