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Wenn Macht missbraucht wird!

Justitia
Justitia

Es ist der 21.09.2020 in der Mittagszeit vor dem Amtsgericht Hannover. Eine junge Frau verlässt das Gerichtsgebäude und wird auf der anderen Straßenseite von einigen Menschen erwartet. Nach einem kurzen Gespräch bekommt die junge Frau Applaus und einen Blumenstrauß überreicht. Offenbar ist alles gut ausgegangen.  
Man könnte das für eine völlig alltägliche banale Situation halten, wie sie häufig vor dem Amtsgericht stattfindet. Und doch ist es anders.

Was also steckt hinter dem ganzen?

Begonnen hat das ganze mit einem Gesetzesentwurf zum NPOG. Kurz für: Niedersächsisches Polizei- und Ordnungsbehördengesetz. [1] Gegen diesen Entwurf formierte sich sehr schnell Widerstand, der sich letztendlich im Bündnis #noNPOG [2] manifestierte. In dem Bündnis sind zahlreiche Organisationen sowie Einzelpersonen vertreten. [3]  Darunter auch die junge Frau, deren Name Juana Zimmermann [4] ist, und die von der Ver.di-Jugend kommt. Sie wird von dem Bündnis zur Sprecherin gewählt und damit beauftragt, die Stimme in der Öffentlichkeit für das Bündnis zu sein. Von 2018 bis 2019 fanden diverse Demonstrationen gegen den neuen Entwurf des NPOGS in Niedersachsen statt. Darunter drei Demonstrationen in Hannover. Die dritte Demonstration fand am 11.05.2019 statt. Sie war die kleinste der Demonstrationen in Hannover, verlief wie auch die beiden vorhergegangenen Demonstrationen friedlich und problemlos. So zumindest kann man es der Pressemitteilung der Polizei entnehmen [5]. Und doch ist etwas anders. Denn mit der dritten Demonstration betritt eine neue Protagonistin das Geschehen. Frau Gwendolin von der Osten. Leiterin der Polizeiinspektion Mitte, Polizeidirektorin, Volljuristin und Einsatzleiterin an diesem Tag [6]. Schon das Gespräch kurz vor der Demonstration mit den Demonstrationsverantwortlichen aufseiten des Bündnisses verlief deutlich anders, als die Gespräch bei den beiden vorhergegangenen, deutlich größeren Demos.  Für mich, einen der Demonstrationsverantwortlichen, stellte sich das ganze so dar: Frau von der Osten erschien in Begleitung einiger sehr großgewachsener Einsatzpolizisten, missmutig, erkennbar schlecht gelaunt, von Anfang an klarstellend, wer hier das Sagen hat. Ich habe diesen ersten äußeren Anschein zum Anlass genommen, an dem Gespräch nicht teilzunehmen, sondern das Ganze aus größerer Entfernung nur zu beobachten.  Nach Abschluss des Gespräches fand dann die Demonstration statt und es gab keine Schwierigkeiten. Zumindest haben wir das geglaubt. Und obwohl ich absolut kein Gegner der Polizei bin, sondern sie im Gegenteil für wichtig, erforderlich und sinnvoll halte, habe ich diesmal nach Abschluss der Demonstration der Polizei nicht öffentlich gedankt, eingedenk des Verhaltens von Frau von der Osten. Bei den beiden vorherigen Demonstration habe ich das getan. Dass mein anfängliches Gefühl des Unwohlseins berechtigt war, sollte sich dann recht bald bestätigen.  Denn Frau von der Osten hat unsere Bündnissprecherin Juana Zimmermann angezeigt!

Was war geschehen?

Liest man sich die benannte Pressemeldung der Polizei durch, dann steht da nichts von einer Anzeige, einer Straftat oder ähnlichem.  Und doch ist genau das der Vorwurf. Unsere Bündnissprecherin hat angeblich gesagt: „Das müsst ihr verhindern“. Gemeint war damit angeblich die Festnahme und Personalienfeststellung der vier Personen, die im Vorfeld an einem Gerüst ein Banner entrollt, und dieses jetzt zusammengerollt hatten und vom Gerüst gestiegen waren. Dort wurden sie von der Polizei empfangen. Nun wurde allerdings niemand verhaftet, es wurden nur die Personalien aufgenommen. Schon im Vorfeld hat Frau Zimmermann dazu aufgerufen, friedlich zu bleiben, das genaue Gegenteil dessen, was ihr vorgeworfen wurde. Da fragt man sich natürlich unwillkürlich, was soll das? Selbst wenn Frau Zimmermann, das so gesagt hätte, was wäre daran so schlimm gewesen? Denn es wurde ja niemand verhaftet! Es gab auch keinen Ansturm auf die Polizisten, keine wüsten Schlägereien, nichts. Es blieb alles friedlich und geordnet. Wie man ja unschwer dem besagten Pressebericht der Polizei entnehmen kann. Was also war Sinn und Zweck dieser Anzeige? Und warum hat sich die Staatsanwaltschaft mit dieser Anzeige gemein gemacht und eine Einstellung des Verfahrens wegen „Geringfügigkeit“ abgelehnt? Was wären die Konsequenzen, wenn Frau Zimmermann verurteilt worden wäre? Das alles sind völlig legitime Fragen. Und was viel wichtiger ist: Sie müssen gestellt werden. Glücklicherweise kam es anders, als sowohl Frau von der Osten, ihre sechs Zeugen der Polizei und die Staatsanwaltschaft erwartet haben. Denn, es gab einen bis dato unbekannten kompletten Audiomitschnitt der Veranstaltung. Dieser wurde während der Gerichtsverhandlung präsentiert, und führte zu einem Freispruch. Trotz mehrfachen Anhören konnte der angeblich gesprochene Satz „Das müsst Ihr verhindern!“ nicht gefunden werden. Nicht während des von Frau von der Osten benannten Zeitpunktes, nicht davor, nicht dahinter. Und so endete das ganze mit einem sozusagen Freispruch erster Klasse. Und an der Stelle könnte jetzt alles enden. Ein Happy End also.
Doch so einfach ist es nicht. Denn die Folgen, die sich z.B. aus einer Verurteilung für Frau Zimmermann ergeben hätten, wären ja nicht ohne gewesen. Sie wäre zukünftig eine Straftäterin gewesen. Gebrandmarkt für Ihr ganzes Leben! Und wofür? Für etwas, das sie nicht getan hat. Warum also gab es diese Anzeige? Wie konnte es sechs Zeugen geben für diese angebliche Straftat? Ich kann an dieser Stelle nur spekulieren, denn ich weiß es nicht. Für mich war dies ein politischer Prozess. Der Versuch, einen Menschen zu kriminalisieren, zu diskriminieren und zu diskreditieren. Es war der Versuch, einen Menschen vorsätzlich zu schädigen, ihn im vorauseilendem Gehorsam davon abzubringen, sich politisch zu betätigen. Zwar war der Versuch diesmal nicht von Erfolg gekrönt, doch wie viele Male waren solche Versuche vorher erfolgreich? Diesmal hatten wir Glück. 

Konsequenzen:

Und damit stellt sich mir eine weitere Frage. Wieso hat solch offensichtliches Fehlverhalten keine Konsequenzen? Frau von der Osten hat zusammen mit der Staatsanwaltschaft versucht, das Leben eines Menschen zu beschädigen. Und das wäre Ihr auch gelungen, wenn es die Tonaufzeichnung von der Demonstration nicht gegeben hätte. Es kann und darf nicht sein, dass Polizisten, in diesem Fall Frau von der Osten, gegen Menschen vorgehen, nur weil diese sich politisch in einer Weise betätigen, die ihnen persönlich nicht gefällt. So ein Verhalten muss Konsequenzen haben! Es gibt keine politische Strafjustiz in der Bundesrepublik Deutschland. Keine Gesinnungsverfahren.   Wir sollten aus der Vergangenheit gelernt haben. Frau von der Osten hat Ihre Macht missbraucht! Vorsätzlich, bewusst! Und die Staatsanwaltschaft hat sie dabei unterstützt. Auch das muss Konsequenzen haben!
Fazit: Wer eine Demonstration plant und ausführt, sollte also möglichst Bild- und Tonaufzeichnungen haben, damit es nicht zu solchen Erscheinungen kommen kann. Und alleine dass ich das schreibe, bedeutet in gewisser Weise, dass Frau von der Osten doch gewonnen hat. Sie hat Angst produziert! Und deswegen darf Ihr Vorgehen nicht folgenlos bleiben! Wir müssen dafür sorgen, dass es nicht folgenlos bleibt, indem wir uns politisch betätigen. Wir alle!


Ullrich Slusarczyk


[1] http://www.nds-voris.de/jportal/portal/t/177z/page/bsvorisprod.psml/action/portlets.jw.MainAction?p1=0&eventSubmit_doNavigate=searchInSubtreeTOC&showdoccase=1&doc.hl=0&doc.id=jlr-SOGNDrahmen&doc.part=R&toc.poskey=#focuspoint
[2] https://niedersachsentrojaner.de/
[3] https://niedersachsentrojaner.de/unterstuetzerinnen/
[4] https://www.speakerinnen.org/de/profiles/juana-zimmermann , https://www.muwi-detmold-paderborn.de/personen/professorinnen-und-professoren/prof-dr-antje-tumat/laufende-dissertationen/juana-zimmermann
[5] https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/66841/4267705
[6] http://www.zeitschrift-praeview.de/xd/public/content/index.html?sid=autview&aut=220

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6 Kommentare zu “Wenn Macht missbraucht wird!

  1. Gernot Köpke

    Wie wäre es mit einem Prozess wegen falscher Zeugenaussage usw.? Das könnte sehr wohl Konsequenzen haben und umgekehrt abschrecken.

  2. ullrichslusarczyk

    Wir können nicht prozessieren. Das kann nur die betroffene selbst. Ob sie das macht, ist bisher noch nicht bekannt.
    Ullrich Slusarczyk

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