Staat und Religion

Wir, die PIRATEN Niedersachsen, achten die religiösen Überzeugungen jedes Bürgers. Wir sind der festen Meinung, dass sie ein essenzieller Bestandteil der Privatsphäre sind. Daher lehnen wir jegliche Einflussnahme, Förderung oder Behinderung von staatlicher Seite ab.

Trennung von Staat und Religion

Eine bevorzugte Behandlung einzelner religiöser Gemeinschaften durch den Staat wird der kulturellen, religiösen und weltanschaulichen Vielfalt Deutschlands nicht gerecht. Eine solche Bevorzugung verstößt darüber hinaus gegen das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes (Art. 3 GG). Wir setzen uns für einen weltanschaulich neutralen Staat ein und streben eine strikte Trennung von staatlichen und kirchlichen Angelegenheiten an.

Freiheit und Vielfalt der kulturellen, religiösen und weltanschaulichen Einstellungen kennzeichnen die modernen Gesellschaften. Es gehört für uns zu den Pflichten eines Staatswesens diese Freiheiten zu garantieren. Dabei verstehen wir unter Religionsfreiheit nicht nur die Freiheit zur Ausübung einer Religion, sondern auch die Freiheit von religiöser Bevormundung. Obwohl unsere Verfassung allen Bürgern die Religionsfreiheit garantiert, ist eine staatliche Bevorzugung der traditionellen christlichen Kirchen zu erkennen.

Aus all diesen Gründen haben wir einige konkrete Forderungen aufgestellt. Dabei ist es uns wichtig, dass wir keine gegenseitigen Feindbilder aufbauen. Wir suchen den Dialog mit den Religionen und fordern den Dialog der Religionen untereinander. Unsere Forderungen sind grundsätzlicher Art, die Inhalte der Glaubenslehren spielen bei unseren Überlegungen keine Rolle.

Überprüfung der Staatskirchenverträge und finanzieller Leistungen an Kirchen

Wir wollen, dass überprüft werden soll, wie die Staatskirchenverträge, sowohl das katholische Konkordat und Konventionen als auch die evangelischen Kirchenverträge, gekündigt werden können. Dies entspricht den Forderungen von IBKA, gbs und Humanistischer Union. Folgerichtig lehnen wir sämtliche staatlichen Leistungen an die Kirchen ab. Es ist auch nicht einzusehen, dass der Staat die Mitgliedsbeiträge der Kirchen in Form der Kirchensteuer einzieht oder dass zu diesem Zwecke die Religionszugehörigkeit durch staatliche Stellen erfasst wird. Dies sind Aufgaben der Kirchen selbst. Auch sind nicht in besagten Verträgen benannte Sonderregelungen wie die Befreiung von Verwaltungs- oder Gerichtsgebühren aufzuheben. Diese und alle weiteren Regelungen, die die Kirchen gegenüber anderen Vereinigungen bevorzugen, sollen aus allen niedersächsischen Gesetzen, Verordnungen, Erlassen und Richtlinien gestrichen werden.

Reguläre Staatskirchenleistungen aufheben

Eine zeitnahe Abschaffung aller Staatsleistungen an die im Grundgesetz dafür benannten Religionsgemeinschaften ist unser Zeil. Wie vom Grundgesetz gefordert, soll die Ablösung mit einem Landesgesetz durchgeführt werden, dessen Grundlagen vom Bundesgesetzgeber zu legen sind. Niedersachsen soll sich im Bundesrat dafür einsetzen, dass alle Länder und der Bund eine gemeinsame Kommission mit diesem Ziel unter Hinzuziehung aller Beteiligten einrichten, die zudem den Wert der verstaatlichten kirchlichen Besitztümer und der bisher ausgezahlten Entschädigungsleistungen an die beiden Kirchen ermittelt und einen Vorschlag für eine abschließende Entschädigungszahlung erarbeiten soll. Denn Staatskirchenleistungen sind ein Relikt der Vergangenheit.

Bestenfalls sollen derartige Leistungen an die Kirchen in dem Maß gezahlt werden, welches konfessionslosen Gemeinschaften zugestanden wird.

Kirchliche Sozialeinrichtungen

Sinnvolle kulturelle und soziale Aktivitäten der Kirchen sollen weiterhin nach den gleichen Grundsätzen aller anderen gesellschaftlichen Gruppierungen gefördert werden. Jedoch lehnen wir es ab, Veranstaltungen von missionarischem Charakter finanziell oder anderweitig zu unterstützen.

Kirchentagsfinanzierung privatisieren

Kirchentage und ähnliche konfessionelle Großveranstaltungen sollen ohne den Einsatz allgemeiner Steuermittel finanziert werden. Denn sie sind als legitime Privatsache der Kirchen bzw. Besucher zu sehen.

Keine offizielle Teilnahme von Regierungsmitgliedern an Gottesdiensten

Die offizielle Teilnahme von Mitgliedern der Landesregierung bei Gottesdiensten aus nicht politisch notwendigem Anlass im Land Niedersachsen lehnen wir ab. Denn weltliches und kirchliches gehört getrennt.

Gottesdienste bei staatlichen Veranstaltungen minimieren

Daher lehnen wir auch ab, dass bei offiziellen Anlässen, die durch das Land Niedersachsen ausgerichtet oder von ihm maßgeblich finanziert werden, Gottesdienste stattfinden. Denn weltliche Anlässe sind von religiösen Veranstaltungen zu trennen. Ausnahmen bilden reine Trauergottesdienste.

Religiöse Bildung und Kultur

Im Bildungsbereich fordern wir, dass die traditionell theologischen Fakultäten an staatlichen Universitäten in religionswissenschaftliche Fakultäten umgestaltet werden. Die Kirchen- und Glaubensbindung dieser Institutionen widersprechen der Freiheit der Wissenschaft. Wenn an Schulen ein Unterricht über die vielfältigen religiösen Überzeugungen (z.B. Ethikunterricht) angeboten wird, muss dieser allen Schülern und Schülerinnen offen stehen. Religionsunterricht nach den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften darf nicht zwingend angeboten werden.

In öffentlichen Schulen dürfen, wie in allen anderen öffentlichen Institutionen, keine sakralen Symbole zur Schau gestellt werden. Die öffentlich-rechtlichen Medien dürfen keine der Religionsgemeinschaften bevorzugen, wie dies heute z. B. durch die Besetzung der Rundfunkräte oder in den Programmen geschieht.

Zudem setzen wir uns für ein verbindliches Angebot des Faches “Werte und Normen” in allen allgemeinbildenden Schulen ab der 1. Klasse ein. Die bisherigen Einschränkungen hinsichtlich der Erteilung eines derartigen Unterrichts sind aufzuheben. Die Erteilung kann durch Dritte vorgenommen werden. Ersatzweise für “Werte und Normen” kann auch “Humanistische Lebenskunde” erteilt werden.

Abschaffung von Sonderregeln im Feiertagsgesetz

An den so genannten “stillen Tagen“, vor allem am Karfreitag, sind fast alle Veranstaltungen untersagt, die über den diesen Feiertagen entsprechenden “ernsten Charakter” hinausgehen. Dies betrifft Sportveranstaltungen, Theateraufführungen, Volksfeste, musikalische Darbietungen, Filmvorführungen sowie weitere Freizeitangebote und gesellschaftliche Bereiche. Dies sehen wir als einen unnötigen Eingriff in die persönliche Freiheit. Wir wollen, dass der Staat hier die Freiheit des Einzelnen achtet. Daher setzen wir uns dafür ein, das Feiertagsgesetz zu ändern und diese Regelungen abzuschaffen. Wer seinem Glauben nachkommen möchte, kann dieses tun, darf aber keinen anderen Menschen dadurch einschränken.

Demgenüber wollen wir Montage nach weltlichen Feiertagen, die auf einen Sonntag fallen, als zusätzlich frei für Arbeitnehmer definieren. Denn in verschiedenen europäischen Staaten gibt es diese Regelung schon.

Keine Friedhofspflicht für die Asche Verstorbener

Ebenfalls als nicht mehr zeitgemäß sehen wir die Friedhofspflicht für die Asche Verstorbener, wie sie im Niedersächsischen Bestattungsgesetz vorgeschrieben ist. Die Asche eines Verstorbenen soll nach dessen Anweisungen behandelt werden. Fehlen solche Anweisungen, dann sollte die Asche entsprechend den Wünschen der Personen behandelt werden, die für die Bestattung sorgen.

Kostenfreier Kirchenaustritt

Jeder Mensch sollte unabhängig von seinen finanziellen Verhältnissen die Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft selbst bestimmen können. In Niedersachsen werden derzeit 25 Euro für einen Kirchenaustritt verlangt. Wir möchten, dass der Austritt und ein Wechsel zwischen Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften kostenfrei ist.

Arbeitsrecht

Schlussendlich wollen wir selbstverständlich, dass auch für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in kirchlichen Einrichtungen ohne Ausnahme das allgemeine Arbeits- und Sozialrecht gilt.

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