Demokratiestärkung

Politik muss wieder Sache aller Menschen werden. Zu oft erleben Sie und wir als Einwohner dieses Landes, dass politische Entscheidungen über unsere Köpfe hinweg getroffen werden. Dabei sind wir doch alle von den Folgen dieser Entscheidungen betroffen. Wir, die PIRATEN Niedersachsen, leben eine andere Politik vor, eine bürgernahe Politik, die wir aus dem Alltag in den Landtag tragen wollen. Dort werden wir die Rechte der Abgeordneten stärken und dafür sorgen, dass diese unabhängig und unbeeinflusst Politik für alle Einwohner machen können. Für Sie, die Menschen Niedersachsens, wollen wir Möglichkeiten schaffen, selbst aktiv an der politischen Gestaltung des Landes mitzuwirken.

Ein informiertes Parlament

Der niedersächsische Landtag hat die Aufgabe, die Arbeit der Regierung zu kontrollieren und unsere Interessen als Einwohner zu vertreten. Dabei darf er nicht behindert werden. Deshalb müssen Anträge von Parlamentariern zügig, vollständig und umfassend von der Regierung beantwortet werden. Alle Unterlagen und Akten müssen außerdem lückenlos und ungeschwärzt vorgelegt werden.

Zu oft werden Mandatsträger an ihrer Arbeit gehindert, weil ihnen die Einsicht in Dokumente und Informationen verweigert werden. Als Vertreter des Volkes darf dies nicht länger der Fall sein. Denn nur ein informierter Landtag kann unabhängig und im Interesse der Einwohner arbeiten.

Ein starkes Parlament

Immer mehr Gesetze und Verordnungen, die sich auf Ihren und unseren Alltag in Niedersachsen auswirken, werden international oder auf europäischer Ebene beschlossen. Wir erleben mit Besorgnis, dass viele dieser Gesetze und internationalen Verträge nicht ausreichend demokratisch legitimiert sind. Verhandlungen finden oft hinter verschlossenen Türen statt. Abkommen, die unzureichend demokratisch legitimiert sind, führen zu einem schleichenden Abbau unserer Rechte. Das darf nicht sein! Wir wollen dem niedersächsischen Landtag eine stärkere Einbindung in die europäischen Entscheidungsprozesse ermöglichen. Um das zu erreichen, fordern wir die Zustimmungspflicht einer qualifizierten Mehrheit des niedersächsischen Landtages, immer wenn die Landesregierung auf übergeordneter Ebene tätig wird. Unser Landtag wird gewählt, um die Interessen der Einwohner Niedersachsens bei europäischen und internationalen Verhandlungen zu vertreten und darf dies nicht mehr der Landesregierung in alleiniger Regie überlassen. Damit die Mandatsträger dies tun können, sind alle Dokumente zu internationalen Verhandlungen dem Landtag vor der Entscheidung offen zu legen. Wir werden daher weiterhin internationalen Abkommen jeglicher Art ablehnen wenn:

– Intransparente Verhandlungsführung und mangelhafte Beteiligung der Zivilgesellschaft herrschen,
– die Möglichkeit eingeräumt wird, unter direkter Beteiligung von Unternehmen, unter Ausschluss der Zivilgesellschaft oder unter Umgehung der Zustimmung von Parlamenten Veränderungen vorzunehmen oder aber Vereinbarungen unabänderbar zu machen,
– Parlamente in ihren Entscheidungsbefugnissen eingeschränkt werden,
– mittels Schiedsgerichten Unternehmen ein einseitiges Klagerecht gegen Staaten ermöglicht wird,
– die öffentliche Daseinsvorsorge behindert oder gar ausgehebelt wird,
– keine verbindlichen und einklagbaren sozialen, ökonomischen und ökologischen Mindeststandards, Arbeitsnormen und Arbeitnehmerrechte sowie für Daten- und Verbraucher- und Umweltschutz bestehen, deren Verletzung zur Erhebung von Strafzöllen und anderen Anti-Dumping-Maßnahmen berechtigt. Sie werden vielfach nicht klar definiert, sondern nur gegenseitig anerkannt. Das löst eine Abwärtsspirale bei Standards aus.

Ein der Digitalisierung verpflichtetes Parlament

Die Digitalisierung umfasst alle Lebensbereiche. Daher setzen wir uns für die Einrichtung eines Landtagsausschusses „Digitales Leben“ ein. Seine Aufgabe sind primär alle Inhalte, die sich mit Datenschutz, Netzausbau und Netzzugang einerseits aber auch dem Wandel von Arbeit, Bildung und Gesellschaft beschäftigen. Denn die bisherige Zuordnung zu „Arbeit, Wirtschaft und Verkehr“ ist nicht zielführend. Vielmehr muss die federführende Verantwortung bei den Gesetzesvorlagen in allen Bereichen unter den Auswirkungen auf das Leben in einer digitalisierten Umwelt in den Händen eines eigenständigen Ausschusses liegen.

Ein ehrliches Parlament

Derzeit dürfen im Niedersächsischem Landtag teilweise Aussagen zu Protokoll gegeben werden, ohne dass sie auf der Sitzung tatsächlich vorgetragen werden. Hierdurch wird eine öffentliche Debatte behindert. Parlamentarier haben zudem die Möglichkeit, nachträglich redaktionelle Korrekturen am Protokoll vorzunehmen. Da hier großes Missbrauchspotential besteht, lehnen wir diese Praxis ab.

Ein transparenteres Parlament

Die Unverbindlichkeit der Bekanntmachung von an den Landtag gerichteten Mitteilungen, Denkschriften und sonstige Schreiben, in denen kein Beschluss erbeten wird, ist aufzuheben. Bislang ist dies in einer Kann-Bestimmungen geregelt. Doch solche sind immer anfällig für Auslegungen hinsichtlich der Ausführungsnotwendigkeit.

Ein demokratischer gewähltes Parlament

Die Parlamente sollen an die Bedürfnisse nachfolgender Generationen denken. Da ist es nur fair, wenn diese frühzeitig mitbestimmen darf, wer ihre Geschicke lenkt. Die Piratenpartei Niedersachsen setzt sich daher für die Absenkung des aktiven Wahlalters bei Landtagswahlen auf 16 Jahre ein.

Dabei sollen alle Menschen unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft unter gleichen Bedingungen wie Deutsche die Zukunft Niedersachsens mitbestimmen dürfen. Denn wer hier wohnt, ist nicht nur kommunal von den dortigen Entscheidungen betroffen. Dies streben wir über eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Grundgesetzes an.

Wie bei den Kommunalwahlen soll die Möglichkeit bestehen, seine Stimmen zwischen verschiedenen Kandidaten und Parteien aufzuteilen. Dabei sollen jeweils fünf Stimmen für die Direktkandidaten und für die Listenkandidaten zur Verfügung stehen. Sichergestellt sein muss dabei die Teilnahmemöglichkeit von Sehbehinderten mittels geeigneter Schablone.

Gerade kleine Parteien bieten Alternativen zu klassischen Positionen. Allerdings sind ihre Chancen in Parlamente einzuziehen durch die aktuelle 5%-Hürde eher gering. Die Piratenpartei Niedersachsen setzt sich für eine Neudefinition der 5%-Hürde ein. Künftig sollen maximal 5% der abgegebenen Stimmen unberücksichtigt bleiben. Zusätzlich soll möglich sein, dass zur Landtagswahl zugelassene Parteien ab einem Ergebnis von 1,0 % pro erreichtem Prozentpunkt ein Grundmandat verbunden mit einem Antrags- und Rederecht im Plenum des Landtags erhält.

Bewusstes Wählen stärkt die Auseinandersetzung mit den Parteien. Daher setzen wir uns für eine zufällige Positionierung der Parteien und Kandidaten auf den Stimmzetteln ein. Dies soll den Effekt des stärkeren Einflusses der früheren Informationen als der späteren verhindern, welcher der Partei zugute kommt, die bei der letzten Wahl die meisten Stimmen bekommen hat und an erster Stelle steht. Ein barrierefreier Zugang für blinde und sehbehinderte Menschen ist sicherzustellen.

Briefwahlen zu manipulieren ist einfach. Die Piratenpartei Niedersachsen setzt sich für den Ausschluss des Versandes von Briefwahlunterlagen an eine andere als im Melderegister hinterlegte Adresse prinzipiell ein. Ausnahme sind Kranken- und Pflegeeinrichtungen, die nicht einem dauerhaften Aufenthalt dienen.

Diese Neuregelungen sollen sowohl zu Wahl des Landtags und dort wo noch nicht geschehen zur Wahl der kommunalen Parlamente gelten.

Ein unabhängiger Abgeordneter

Wie bei der jetzigen Rechtslage bezüglich der Beschlussfähigkeit, sind Abgeordnete bei fast allem, was sie tun, von der Unterstützung ihrer Fraktion abhängig. Fraktionslose Abgeordnete sind so massiv benachteiligt. Sollten Abgeordnete nicht in erster Linie den Menschen und ihrem eigenen Gewissen verpflichtet sein, und nicht einer Parteilinie? Wir sind gegen den Fraktionszwang und setzen uns deshalb für das freie Mandat ein. Denn nur indem wir die Rechte der einzelnen Abgeordneten und fraktionsloser Gruppen stärken, können wir den bestehenden Fraktionszwang beenden.

Durch eine Gesetzesänderung könnte man hier die Rechte der Abgeordneten im Niedersächsischen Landtag deutlich stärken und die Debatte im Parlament bereichern. Wir finden, Abgeordnete sollten im Landtag auch alleine Gesetzesentwürfe, Entschließungsanträge und große Anfragen einreichen dürfen. Außerdem wollen wir, dass die Teilhabe- und Rederechte von Abgeordneten auch bei einer von der jeweiligen Fraktion abweichenden Meinung gewährleistet werden. Es ist wichtig, dass auch Debatten, die innerhalb von Parteien stattfinden, im Parlament ausdiskutiert werden können.

Keine Demokratie ohne Bürger

Im folgenden Kapitel wird vielfach von „Bürgern“ gesprochen. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass die Instrumente der Direkten Demokratie auf die Bürgerinnen und Bürger, also die mit deutscher (bei Beteiligung auf Landesebene) oder zusätzlich EU-Staatsangehörigkeit (bei Beteiligung auf kommunaler Ebene), ausgerichtet sind. Wir setzen uns jedoch dafür ein, dass diese Instrumente allen Einwohnern Niedersachsens unabhängig von der Staatsbürgerschaft unter den selben Voraussetzungen wie Deutschen zur Verfügung stehen. Dies gilt auch für alle weiteren Kapitel, in denen auf direktdemokratische Instrumente verwiesen wird.

Demokratische Kommunen

Mitentscheiden ist Mitbestimmen. Die Piratenpartei Niedersachsen setzt sich dafür ein, dass die kommunalen Parlamente in Niedersachsen ein so genanntes Ratsreferendum zu jeglichen Themen durchführen können. Denn momentan besteht diese Möglichkeit nur, wenn innerhalb von zwei Jahren ein Bürgerentscheid aufgehoben werden soll.

Doch bislang dürfen neben Deutschen nur Bürger der Europäischen Union in Kreisen und Gemeinden kommunale Parlamente wählen und direktdemokratische Elemente nutzen. Dies wird insbesondere damit begründet, dass der Lebensmittelpunkt und die Eingliederung nur lokal begrenzt möglich sei. Jedoch betreffen viele Entscheidungen auf kommunaler Ebene alle Menschen in der jeweiligen Kommune. Daher setzt sich die Piratenpartei Niedersachsen dafür ein, dass alle Einwohner Niedersachsens wahlberechtigt bei Kommunalwahlen sind, unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft, sofern sie ein gültiges Aufenthaltsrecht für Deutschland haben und die für Deutsche geltenden Voraussetzungen erfüllen.

Um überhaupt auf dem Wahlschein zu erscheinen, müssen Kandidaten in Bereichen, wo sie oder ihre Partei nicht vertreten sind, so genannte Unterstützerunterschriften sammeln. Obwohl man bei der Kommunalwahl die Möglichkeit hat, seine Stimme zwischen verschiedenen Kandidaten und Parteien aufzuteilen, wird dennoch nur eine Unterschrift als gültig anerkannt. Wir setzen uns dafür ein, dass auch die Kandidatur mehrerer Kandidaten derart unterstützt werden kann. Das gebietet unser Verlangen nach demokratischer Vielfalt.

  • Integrierte Stichwahl: 
    • Bei Wahlen zum Bürgermeister und Landrat wurde 2010 die Stichwahl abgeschafft. Dadurch können Kandidaten mit 30 Prozent die Wahl gewinnen, wenn viele Kandidaten antreten. Das stellt seine demokratische Legitimation in Frage und verbessert den Rückhalt in der Bevölkerung nicht. Außerdem wurde die Wahlperiode auf acht Jahre verlängert.

Ein Kernthema der PIRATENPARTEI ist die Bürgerbeiteilung. Niedersachsen hat aufgeholt gegenüber anderen Bundesländern. Ein Bürgermeister wird nur noch auf fünf Jahre gewählt, aber das ist noch immer eine lange Zeit und erfordert hohe Ansprüche an die Wahl. Gibt es viele Kandidaten, kann es passieren, dass eine Stimmenmehrheit nicht sehr groß ist. Das stellt seine demokratische Legitimation nicht in Frage, wird aber den Rückhalt in der Bevölkerung nicht verbessern. Mit modernen Wahlverfahren kann man Mehrheiten mit breiter gesellschaftlicher Akzeptanz schaffen.

Daher wollen wir wenigstens die integrierte Stichwahl bei der Bürgermeisterwahl erhalten. Zum Einen wird strategisches Wählen verhindert, zum Anderen werden klare Mehrheiten geschaffen.

Demokratisches Land

Auch zwischen den Wahlen sollen Sie als Bürgerinnen und Bürger Entscheidungen über Sachfragen treffen können. Darum wollen wir die Quoren für die vorhandenen Formen der Bürgerbeteiligung (Volksinitiativen, Bürgerbegehren und Volksbegehren, Bürgerentscheid und Volksentscheid) erheblich senken und die Verfahren anwenderfreundlich gestalten.

Die Formulierung für eine erfolgreiche Volksinitiative in Niedersachsen soll dahingehend konkretisiert werden, dass der Landtag sich mit einer Volksinitiative, die die notwendige Unterschriftenzahl erreicht hat, in einer Plenarsitzung befassen und dabei auch dem Initiator Gehör geben muss. Die erforderliche Zahl von Bürger-Unterschriften wird auf 30.000 festgelegt und kann auch durch eine online-Petition nachgewiesen werden. Da auch an den Landtag gerichtete Online-Petitionen eben digital mitgezeichnet werden können, sollte es genauso gut möglich sein, dies auch bei Unterstützerunterschriften für alle Formen der direkten Demokratie zu tun, die vor ähnlichen Problemen stehen, sowie für die Zulassung zu Wahlen auf Landes- und Kommunalebene.

Für ein Volksbegehren in Niedersachsen müssen bisher über 600.000 Unterschriften (10 Prozent der Wahlberechtigten) gesammelt werden. Diese Zahl soll deutlich gesenkt werden, damit eine Bürgerbeteiligung nicht nur auf dem Papier möglich ist. Die Abschaffung des Zustimmungsquorums von 25 Prozent (bei einfachen Gesetzen) bzw. 50 Prozent (bei Verfassungsänderungen) der Stimmberechtigten beim Volksentscheid muss vorgenommen werden.

Wir schließen uns hinsichtlich Bürgerentscheiden und Bürgerbegehren weiterhin den Forderungen des Vereins »Mehr Demokratie e.V.« an. Demnach müssen Rat und Bürger mittels einer Fairnessklausel auf die gleiche Stufe gestellt werden. Ein Abstimmungsheft ist eine in der Schweiz bekannte Hilfe, um Bürgern eine sachlich gehaltene Information über das Thema des Bürgerentscheides an die Hand zu geben. Dies soll eingeführt werden. Das Zustimmungsquorum von 20% der Stimmberechtigten muss komplett wegfallen, jegliche Art von Zustimmungsquorum muss entfallen.

Obligatorisch sein müssen Bürgerentscheide bei Gemeindefusionen und weitreichenden Finanzfragen wie sie sich zur kommunalen Bauleitplanung ergeben, die in anderen Bundesländern bereits möglich sind und auch genutzt werden. Auch an Entscheidungen zum Landeshaushalt und bei Großprojekten sollen die Bürgerinnen und Bürger des Landes durch einen Bürgerhaushalt mitbestimmen können. Bürger bestimmen, welche Prioritäten sie bei den Ausgaben setzen und können so ihre Ansichten einbringen, welche Einnahmen oder Ausgaben sie erhöhen oder kürzen würden. Der Landtag verpflichtet sich, sich mit den Ergebnissen des Bürgerhaushalts auseinander setzen und etwaige Abweichungen davon zu begründen.

Die Entscheidung der Landesregierung, Bürgerbegehren zu Entscheidungen zur Trägerschaft von Krankenhäusern oder des Rettungsdienstes sowie Krankenhausstandorten zu unterbinden, wollen wir rückgängig machen.

Demokratie für alle

Wie auf Landesebene sollen auch auf kommunaler Ebene Plattformen für Online-Petitionen für die Bürgerinnen und Bürger eingerichtet werden. Diese und andere Beteiligungsformen sind bislang ausschließlich ein Thema für Erwachsene.

Wir wollen auch Kinder und Jugendliche an diesem Prozess beteiligen. Auf kommunaler Ebene sollen flächendeckend und verpflichtend Kinder- und Jugendparlamente mit eigenem Etat entstehen. Diese Parlamente sollen das Recht erhalten, in kommunalen Gremien gehört zu werden. Besonders bei Themen, die Kinder und Jugendliche betreffen, kann deren Erfahrungsschatz bei Entscheidungsprozessen enorm hilfreich sein. Damit das für alle zufriedenstellend funktionieren kann, werden geeignete Voraussetzungen geschaffen. Dazu gehören Betreuer, Fahrdienste und Räume mit geeigneter technische Ausstattung. Diese Unterstützung kann durch Parteien, Vereine und anderen Organisationen erbracht werden. Die Jugendparlamente sprechen nicht nur auf den Ratsversammlungen, sondern berichten auch in Jugendeinrichtungen über ihre Arbeit und holen Meinungsbilder ein. So machen sie Werbung für Demokratie und politische Arbeit – beides wichtige Themen, die Spaß machen können. Das ist zumindest unsere Erfahrung.

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